Der Staatsrechtswissenschaftler Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, erhebt harte Vorwürfe und warnt vor einem Verfall des Rechtsstaats in Deutschland. Die Umgehung des Rechtsstaates durch die Regierung führe zu einer Radikalisierung. Eingeladen hatte der Wiesbadener Anwaltsverein zu Papiers Referat „Missachtung des Rechts – Wird der Rechtsstaat ausgehöhlt?“. Dessen stellvertretender Vorsitzender Ulrich Volk sprach gegenüber dem Wiesbadener Kurier hinter der Bezahlschranke von „starkem Tobak“ und „begeistertem Zuspruch“ unter den teils hochkarätigen Juristen im Publikum. Der Topjurist stellte fest, dass vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Krise “Grundrechte binnen Stunden suspendiert” worden seien. Die Abwägung zwischen Nutzen und Schaden bei der Verfügung von Maßnahmen habe nicht im gebotenen Maße stattgefunden. Auch im Bereich der Asylpolitik würden rechtsstaatliche Grundsätze grob missachtet. Bereits seit Jahren werde “unser Asylrecht zweckentfremdet und missbraucht von Menschen, die dieses Recht nicht haben”, so der 79-jährige Jurist. Maßnahmen zum Schutz der Staatsgrenzen würden zugleich unterlassen. Dies werde in Kombination “als Staatsversagen wahrgenommen”. Eine “Humanität, wie sie von Befürwortern offener Grenzen als Argument genannt wird”, dürfe “nicht gegen den Rechtsstaat ausgespielt werden”. Dieses Staatsversagen würde laut Papier “extreme Kräfte stärken und schwäche zugleich das Ansehen des demokratischen Rechtsstaats”.